Wie hast Du von der Krankheit erfahren?
Hallo mein Name ist Janina ( Liavia 86 ).
Ich bin 36 Jahre alt, glücklich verheiratet seit 2016 und arbeite hauptberuflich in NRW als Bankkauffrau.
Damals sagte man mir in der Familie häufig nach „ Du siehst aus wie Oma Hedti “.
Bezogen war diese Aussage auf die Proportionen meines Körpers nach der Pubertät.
Zu diesem Zeitpunkt konnte ich den Bezug zu der chronischen Erkrankung Lipödem noch nicht herleiten.
Ich erfuhr erst 2019 von der Existenz der Erkrankung Lipödem, einer Schmerzhaften Fettverteilungsstörung, die in der Regel Frauen betrifft und leider bis heute wenig erforscht ist.
Als ich 2019 durch die Medien von der Erkrankung und den typischen Symptomen erfuhr, blickte ich auf mein Leben und meine körperliche Veränderung zurück.
Ich hab mit 3 Jahren angefangen Fußball zu spielen. Über 20 Jahre war ich aktive und erfolgreiche Fußballerin. Nebenbei habe ich weitere Sportarten wie z.B. Judo, Feldhockey, Tischtennis, Tanzsport betrieben. Somit kam ich wöchentlich teilweise auf 4 bis 6 Sporteinheiten. Nur meine körperliche Statue spiegelte leider diesen Ehrgeiz und das Training nicht wider.
Da ich mich nicht wesentlich anders als meine Freundinnen ernährte, fing ich schon früh mit Diäten an, um so zu werden wie sie. Mit 16 Jahren begleitete ich meine Mutter zum Weightwatchers Gruppentreffen, es folgte Diäten wie die Kohlsuppendiät, Globulidiäten, Low/No Carb etc.! Kurzfristig nahm ich schon ab, konnte es aber nie über Jahre halten.
Die Schmerzen und Volumenzunahmen folgten leider mit den Jahren. Ich konnte früher immer Stiefel tragen und plötzlich landete ich mit Verdacht auf Thrombose beim Arzt, da meine Beine innerhalb kürzester Zeit extrem angeschwollen waren und Blutergüsse sich mehrten. Jedoch war zu dem Zeitpunkt weder eine Thrombose bestätigt, noch wies man mich auf eine Erkrankung wie Lipödem hin. Ich hatte vermutlich einen Schub, diese Schübe sind leider für Lipödembetroffene bittere Realität.
2019 hatte ich so starke Schmerzen in den Waden und Beinen, dass ich nach dem Aufkommen der Medienberichte, angetrieben durch den Poltiker Herr Spahn, eine Fachärtzin besucht habe.
Leider brachte mir dieser Besuch, außer der Diagnosestellung Lipödem Stadium II, keinen Fortschritt.
Begriffe wie Flachstrickversorgung, Manuelle Lymphdrainage , Reha bei Lipödem und Selbstmanagement sind in keinster Weise erwähnt worden.
Ich bin mit einem Rezept für Rundstrickkniestrümpfe nach Haus geschickt worden. Einen freundlich gemeinten Hinweis gab es noch : Seien Sie froh, so ein hübsches Gesicht zu haben, Ihren Ehemann und Ihren sicheren Beruf.
Danke für Nichts !
Leider hab ich tatsächlich zu dem Zeitpunkt den Kopf in den Sand gesteckt. Damit ich andere Frauen, die die Diagnose Lipödem erhalten, vor den gleichen Fehlern bewahren kann, hab ich seit September 2021 ein ganz bestimmtes Ziel.
Ich möchte mein Leben mit der Erkrankung in vollen Zügen genießen. Die Bekanntmachung und Aufklärung sind mir mittlerweile eine Herzensangelegenheit.
Ich möchte kurz schildern, wie ich zu diesem Kraftschub und Ehrgeiz gelangen konnte.
Im September 2021 war ich in Köln auf dem ersten LipödemBarcamp und habe dort das erste mal direkten Kontakt zu betroffenen Frauen knüpfen können.
Diese Veranstaltung hat mein damaliges Leben und Mindset komplett verändert. Ich würde beschreiben es ist wie eine Art Leben 2.0.!
Zusammenfassend kann ich mit Stolz berichten, dass ich seit September 2021 täglich eine Flachstrickkompressionsversorgung an den Beinen trage und seit Dezember 2021 sogar an den Armen/Händen. Ich gehe zweimal wöchentlich zur manuellen Lymphdrainage und nutze zusätzlich meinen Lymphamaten, den ich von der Krankenkasse zur Verfügung gestellt bekomme.
Im Juli 2022 war ich zur Reha in Bad Berleburg.
Ich besuche regelmäßig Events zum Thema Lipödem und habe tatsächlich am 22.10.2022 mein erstes eigenes Lipödemevent mit Unterstützung eines Bewegungszentrums in Ennepetal auf die Beine gestellt.
Durch mein Engagement in den sozialen Medien, Instagram, poste ich mittlerweile täglich Input zum Thema Lipödem, Selbstmanagement, Mode mit Kompressionen und Bewegung bei chronischer Erkankung.
Ich liebe es meine kreative und positive Art dort zu präsentieren.
Mir hat das letzte Jahr gezeigt, dass es gut ist die Diagnose offiziell gestellt zu bekommen, um zu wissen, dass man nicht alleine ist ,sondern unter vielen Frauen, die eine chronische schmerzhafte Fettverteilungsstörung haben.
Für mich ist es die Chance mein Leben neuzuordnen, mich zu fokussieren auf meine Gesundheit, jedoch in erster Linie mit der Erkankung zu leben und nicht gegen sie zu kämpfen.
Den Kampf kann ich nur verlieren, da es sich um eine hormonellbedingte chronische Krankheit handelt. Es können im Leben immer wieder Schübe oder Veränderungen auftreten. Bei mir kommen noch Begleiterkrankungen wie Hashimoto Theodr, Schilddrüsenunterfunktion und Leaky gut hinzu.
Meine Message an Euch, verurteilt Frauen nicht aufgrund Ihrer Körperform, jede 10. Frau in Deutschland ist vermutlich betroffen vom Lipödem, viele haben jahrelange harte Wege hinter sich.
Und meine Message, an die Frauen, die in einer ähnlichen Situation sind wie ich, geht offen mit der Erkrankung um, informiert und klärt eure Mitmenschen auf.
Lasst uns gemeinsam für die Aufklärung und Bekanntmachung sorgen. Bettertogether